Ergebnisse und Schlussfolgerungen (von Dr. Massmiliano Fagan):
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, bestand der Zweck dieses Eingriffs in der Bewertung des historisch-archäologischen Potenzials einer Stätte, die im Laufe der Jahrhunderte bereits mehrfach bibliografisch erwähnt worden war. Zu diesem Zweck hatte der Auftraggeber im Vorfeld der Ausgrabung historisch-archäologische Untersuchungen1 in Auftrag gegeben, die jedoch keine Informationen oder Belege zutage förderten, die für die Planung der archäologischen Untersuchungen herangezogen werden konnten. Interessanter ist jedoch, was aus dem Text "I Castelli Feltrini "2 hervorgeht, wo in einem Gedicht von Francesco Murano aus dem 17. Jahrhundert vom "Turm der Königin" die Rede ist und in der Beschreibung des Schlosses Bivai von Ausgrabungen die Rede ist, die der Graf Avogadro sowohl am Bergfried als auch am Turm durchgeführt hat.
Die archäologische Ausgrabung förderte in der Tat die Überreste eines stark überarbeiteten Mauerwerks zutage, von dem nur die etwa 1 m dicken Mauern des südlichen Teils und ein Teil der inneren Bodenvertiefung erhalten sind.
In den Unterlagen wurde dann angenommen, dass es eine rechteckige Form gehabt haben könnte und etwa 8 x 6 m3 groß war. Leider lässt die intensive Plünderung von Materialien im Laufe der Jahrhunderte bis in die Gegenwart für den Bau von Häusern und Ställen in Verbindung mit einer wahrscheinlichen Umgestaltung zur Zeit des Ersten Weltkriegs keine eindeutige und sichere Interpretation der Funde zu, sondern lässt vielmehr Raum für mindestens zwei verschiedene Hypothesen.
Die erste, auch ausgehend von dem, was in "I castelli Feltrini" (Die Feltrino-Burgen) auftaucht, führt dazu, dem Bauwerk eine Verteidigungsfunktion oder zumindest eine Funktion zur Überwachung und Kontrolle des Territoriums zuzuschreiben, wenn man die wiederholte Verwendung des Begriffs Turm zur Bezeichnung der Siedlung am Col della Regina bedenkt. Diese Hypothese wird vor allem durch die topografische Analyse der Verteidigungsanlagen entlang der Flüsse Piave und Cordevole gestützt, die sich aus der von De Vecchi durchgeführten Studie ableiten lässt, ausgehend von den Ortsnamen der verschiedenen Anlagen4. Es zeigt sich nämlich, dass der Standort Col della Regina topografisch eine strategische Rolle bei der Kontrolle des rechten Piave-Ufers spielen würde, unter anderem direkt gegenüber der Burg Zumelle auf dem gegenüberliegenden Flussufer (Abb. 16).
Die Lage des Gebäudes auf dem Gipfel eines steil abfallenden Hügels scheint zudem von vornherein andere Funktionen als die Kontrolle des Territoriums auszuschließen, zumal, wie bereits erwähnt, das gesamte Piavetal von der Südseite des Hügels aus sichtbar ist (Abb. 17). Aus typologischer Sicht kann man angesichts der Dicke der Mauern annehmen, dass das Gebäude über ein Fundament und einen gemauerten Sockel verfügte, während der Rest der Fassade und vielleicht sogar die Dachkonstruktion aus Holz bestanden.
Diese Hypothese wird gestützt durch das völlige Fehlen von Dachmaterial, das bei dem Einsturz gefunden wurde, und durch das Vorhandensein erheblicher Brandspuren auf der Restfläche des geschlagenen Bodens, der den inneren Kriechraum bedeckte, die auf einen Brand hindeuten könnten.
Es ist jedoch wahrscheinlich, dass dieses Gebäude nur als Wachposten diente und nicht ständig bewohnt war, da es keine Belege für eine Besiedlung in diesem Sinne gibt.
Die zweite Interpretationshypothese sieht das Gebäude nicht als Wachturm/Wachposten vor, da die Dimensionen und die strukturelle Armut der Mauern, unter anderem, zumindest in den erhaltenen Teilen ohne Mörtel, nicht mit ähnlichen bekannten Strukturen in der Umgebung von Belluno verglichen werden können. In diesem Sinne könnten auch die auf dem Boden gefundenen Brandspuren einfach als Ergebnis des Anzündens eines Feuers (Herd?) interpretiert werden.
Unter diesem Gesichtspunkt könnte das Gebäude als eine Art "Kaserne" interpretiert werden, eine Stützstruktur, die mit den in diesem Gebiet tätigen Produktionsaktivitäten verbunden ist. Gegen diese Interpretation spricht jedoch der Ort, an dem das fragliche Bauwerk steht, nämlich auf der Spitze eines Hügels, dessen Besteigung aufgrund der Hanglage auch heute noch sehr beschwerlich ist und für diejenigen, die ihn mit Werkzeugen oder Gewichten jeglicher Art vielleicht mehrmals am Tag erklimmen mussten, noch schwieriger gewesen sein muss.
Was die Datierung des Bauwerks betrifft, so ist das einzige bei der Ausgrabung gefundene datierbare Material ein Fragment einer gekämmten Keramik, das allgemein in die spätantike bis frühmittelalterliche Zeit datiert werden kann. Diese Datierung würde die Hypothese einer Struktur mit Verteidigungs-/Kontrollfunktionen unterstützen, die mit der Burg Bivai verbunden ist, die wahrscheinlich in derselben Zeit erbaut wurde und im 15. Jahrhundert nicht mehr genutzt wurde5. Nützlich für die Chronologie der Stätte könnte die an der Oberfläche gefundene Holzkohle sein, die im Kriechraum des Gebäudes (US 11) erhalten geblieben ist. Sie wurde vorschriftsmäßig gefunden und wartet auf eine Laboranalyse, wobei die Ergebnisse mit Vorsicht zu bewerten sind, da die Kohlen von der Schnittstelle zwischen der Bodenoberfläche und der Abraumschüttung und nicht aus dem Körper der Schicht stammen6.
Die Sondierungsuntersuchung auf dem Col della Croce diente, wie bereits erwähnt, dazu, das archäologische Potenzial dieses Gebiets zu erkunden, in dem bei früheren Untersuchungen ein Keramikfragment und einige Metallelemente an der Oberfläche entdeckt worden waren.
Daher wurden die zuvor beschriebenen Untersuchungen durchgeführt, die jedoch keine anthropogene Stratigraphie zutage brachten. Da das Gebiet der Col della Croce-Hochebene jedoch sehr groß ist, sollten die Ergebnisse der oben genannten Sondierungen künftige systematischere und geplante Untersuchungen nicht ausschließen, vielleicht auf der Grundlage von Georadar- oder thermographischen Voruntersuchungen.
Zusätzlich zu den Materialien, die dank des Surveys gefunden wurden, wurde südlich des Kreuzes eine Reihe von Steinmaterial ans Licht gebracht, das nur identifiziert, aber nicht auf Anweisung der Superintendentur dokumentiert wurde und das ein Beweis für die Besiedlung des Hügels sein könnte (Abb. 18). Außerdem wurden bei einer kurzen Erkundung entlang des Südhangs auf halber Höhe Reste von Steinblöcken entdeckt, die jedoch noch mit nicht modernem Kalkmörtel gebunden waren und wahrscheinlich vom Hügelplateau heruntergerutscht waren.